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Ein neuer Abschnitt beginnt

By November 11, 2016Januar 25th, 2017No Comments

Reha-Zeit
Es ist der 08.08.2013. Morgens, ich glaub so gegen 10.00 Uhr stehen sie nun da, die Johanniter, um mich zu meiner Reha-Maßnahme abzuholen. Nichts ahnend, wie alles so wird und was mich da erwartet, begebe ich mich nun auf die nächste Reise. Ziel diesmal: Bad Oeynhausen – ca 30 – 40 Minuten Autofahrt. Da ich zu der Zeit ja noch keinen eigenen Rollstuhl besaß, wurde ich liegend auf der “supergroßen“ Trage (Wie machen die das nur mit breiteren Menschen?) in mein neues Zimmer gefahren. Da sitz ich jetzt auf meinem Bett und warte, bis mal jemand kommt – na super. Ich nutze die Gelegenheit, um erstmal anzukommen und mein Zimmer zu scannen. Okay, es ist ein Einzelzimmer in Holzoptik, immerhin hat es nicht ganz so diesen Krankenhaus-Charakter. Das Bett lässt sich mit Fernbedienung individuell einstellen. Ansonsten kommt man sich schon sehr verlassen und einsam vor. Ich kann ja nicht mal alleine aufs Klo gehen, das Aufstehen gelingt nur mit Hilfe. Ohne Rollstuhl läuft hier nix. Nach einiger Zeit kommt dann auch mal ein Pfleger herein und gibt mir weitere Infos. Na, der hat wenigstens Humor. Nach noch folgender ärztlicher Untersuchung passiert den Tag erstmal nix mehr.
WAS BIN ICH DOCH GESEGNET
Jetzt im Nachhinein muss ich doch sagen, wie gesegnet ich bin. Ich bekam in der ersten Rehaphase, die bis zum 11.09.2013 ging, täglich Besuch. Mir war bis dato gar nicht bewusst, von wie vielen schönen, tollen Menschen ich umgeben war und bin. Ich gestehe, das hat das Ganze wirklich viel leichter gemacht. Das ist das Größte und mit das Wichtigste in so einer Situation – es ist so beREICHernd. Besonderen Dank an dieser Stelle möchte ich meiner Soulsister Kerstin Müller aussprechen. Sie war wirklich in jeder Minute ihrer knappen freien Zeit zu Besuch bei mir und hat mich immer bestens mit Schoki versorgt. Sie war es auch, die mit mir erstmal die Klinik erkundet hat. Wir suchten uns im Innenhof ein schönes gemütliches Plätzchen unter einem prachtvollen Baum. Ich muss sagen – ich LIEBE Bäume. Diese Einmaligkeit zeigt uns Menschen auch, wie einmalig schön wir sind. Da war dieser unbeschreiblich schöne Moment – einen Augenblick alles zu vergessen, einfach Sein und genießen. Da saß ich nun in meinem Rollstuhl und Kerstin sprach mir Mut und Vertrauen zu. Das braucht man wirklich.
Ich erinnere mich an einen anderen Tag: Ich sitze im Rollstuhl, fahre zum Fenster, die bodentief sind, schaue heraus und beobachte das Treiben da draußen. Dann ertappe ich mich und denke “Nicole, jetzt sitzt du hier wie die Rentner“, und guckst morgens um 11.00 Uhr aus dem Fenster. Oha, nun kann ich die Rentner verstehen, wie das ist. Ich konnte zu der Zeit nichts weiter tun, und wartete so darauf, bis ich zur nächsten Anwendung abgeholt wurde. Für eine sonst vitale, aktive Frau wie mich war das sozusagen die Höchststrafe, dieses Nichtstun und Stillsitzen.
Ich wurde das erste Mal in meinem Leben damit konfrontiert, was es alles für wirkliches Elend und Leiden gibt. Ich musste die ersten Tage auf Station essen, damit die Ärzte auch sehen, dass ich wirklich alleine essen kann. Denn ich hatte meine Lähmung hauptsächlich im Gesicht und mein Mund war sehr schief. Aber ich war absolut faltenfrei – und das ohne Botox. Nun ja, das Essen war nicht wirklich angenehm bei dem, was ich sonst so da sah. Ich versuchte den Blick mehr auf meinen Teller zu richten, so dass ich auch was essen konnte. Das sind so Momente, wo du denkst: „MENSCH, WAS GEHT ES DIR DOCH GUT.“
Was noch zu etwas Unbehagen führte, war die Tatsache, dass ich mich einer weiteren OP stellen sollte. Meine Hirnblutung wurde ausgelöst von einer Gefäßmissbildung im Stammhirn. Diese sollte nun operativ geschlossen werden, um weitere Blutungen zu vermeiden bzw. das Risiko zu minimieren. Gut, man vertraut ja den Ärzten soweit. Ich erkundigte mich nun bei meinem Oberarzt wo ich dies machen könnte und was er davon hält. Es gibt wohl nur wenig auserwählte Kliniken und Ärzte in Deutschland, die das überhaupt machen. Das schreckte mich jedoch nicht ab, ich dachte nur: „Nicole, Augen zu und durch und das so schnell wie möglich.“ Mein Oberarzt teilte mir nun mit, die nächste Klinik befände sich im Ruhrgebiet, in Essen. Der Frage, ob er sich in meiner Situation auch operieren lassen würde, begegnete er skeptisch und stirnrunzelnd. Das könnte er mir so nicht sagen, immerhin würde es ein enorm hohes Risiko in sich tragen. OK, für mich stand damit fest: Augen zu und durch.