Der erste OP Termin in Essen
11.09.2013
Nun geht die Reise weiter nach Essen ins Alfred Krupp Klinikum.
Ein Professor und Spezialist der Neuroradiologie wird sich dort meiner Malformation (so heißt es richtig: AVM) im Stammhirn annehmen und operieren.
Hier auf dieser Seite ist es gut sichtlich dargestellt:
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Arteriovenoese-Malformationen-des-Gehirns-AVM.126812.0.html
Auf den Bildern sieht man ganz gut, wie viel Fingerspitzengefühl und welch ruhige Hand durchaus von Vorteil wären. Nun ja, Gott sei Dank habe ich mich im Vorfeld gar nicht groß damit beschäftigt, denn sonst hätte ich mich sicher niemals dort auf den OP-Tisch gelegt!
Doch von vorne. Im Vorfeld bat ich ein Familienmitglied, mich bei dieser Operation zu begleiten. Irgendwie hat man ja Schiss, doch das wollte ich mir da natürlich noch nicht eingestehen.
Ich wurde von der Reha-Klinik direkt nach Essen gefahren. Dort angekommen brachte mich der Taxifahrer, nicht ahnend, wo ich hinmuss, zum angeblichen Empfang. Da saß ich nun im Rollstuhl, bepackt mit meinen Taschen, ich konnte mich kaum bewegen, bis jemand die Tür öffnete und mir mitteilte das ich hier falsch sei. JA SUPER – dachte es in mir, und der Schmerz wurde schön unterdrückt. Nun musste ich irgendwie zurück in die große Empfangshalle der Klinik. Netterweise schob mich dann jemand zum richtigen Empfang. Ich kam mir dort so verloren und alleine vor, es war schrecklich. Netterweise nahm mir die Dame am Empfang erst mal mein Gepäck ab, damit ich mich besser bewegen und den Rollstuhl lenken konnte. Denn zum Anmelden und Aufnahme ging es ja noch weiter. Hindernisse über Hindernisse zeigten sich mir und jedes Mal, wenn mich Menschen ansprachen um zu helfen, spürte ich ein Tränchen in mir. Jetzt, wo ich jetzt wirklich Hilfe meiner Familie gebraucht hätte, war niemand da. Irgendwann kam ich dann endlich auf der Station an und nachdem alle Untersuchungen beendet waren, musste ich noch runter zur OP-Aufklärung, Narkose-Besprechung – das Übliche eben. Die Ärzte waren sehr nett, doch ich verstand ehrlich gesagt nur die Hälfte und wollte das so schnell wie möglich hinter mich bringen. Auch da hätte ich mir gewünscht, dass ein mir nahestehender Mensch bei mir gewesen wäre.
Nun, am nächsten Morgen bekam ich dann Unterstützung eines Familienmitgliedes der mich auch bis zur OP begleitete. Im Nachhinein, denke ich, hätte ich das auch noch alleine geschafft, denn da bekam ich ja morgens eh schon eine Beruhigungstablette. Der Tag zuvor jedoch war die Hölle für mich. Doch so lernt man im Schmerz zu wachsen. Auch nach der Operation war ich mehr oder weniger wieder alleine. Gefühlte 10 Minuten – lass es 30 Minuten gewesen sein – wurden mir noch geschenkt, dann lag ich da wieder, noch halb benommen. Drei Tage nach der Operation war strenges Liegen angesagt, was auch nicht so angenehm ist. Ich kann heute gar nicht mehr genau ausdrücken, wie schrecklich alles für mich war.
Die Tränen, die flossen wischte ich mir wie immer tapfer aus dem Gesicht. Mein Leben hatte mich bis dato immer geprägt getreu dem Motto: „ Du musst jetzt stark sein, nur keine Schwäche zeigen.“ Irgendwie vergingen auch diese Tage. Ich erinnere mich an den Dienstag. Ich heulte Rotz und Wasser und saß den ganzen Tag im Bett und betete. Ich wollte dort nur noch weg nach Hause – doch wie? Ich hatte ja auch niemanden, mit dem ich irgendwie darüber reden konnte. JA, und dann am nächsten Morgen um 7.30 Uhr bekam ich eine Nachricht einer Bekannten – sie wollte sich nach mir erkundigen. Es war, als hätte der Himmel sie geschickt! Ich hatte wirklich das Gefühl, dass meine Gebete erhört worden waren. Mittags stand sie in meiner Zimmertür, um mich heimzufahren. Dietlind, ein Geschenk des Himmels.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich Dietlind erst einige Monate kannte durch ein gemeinsames Jahres-Coachingprogramm (Living Master Club) von Veit Lindau. Es hat mich zu tiefst berührt, dass sie ohne Wenn und Aber sofort in meiner gefühlten Not bei mir war. Immerhin musste sie zwei Stunden anreisen. Ja, da stand nun mein Engel – ein für mich unvergesslicher Moment – so schön, ich war so innerlich erfreut und dankbar. Es gibt fast gar keine Worte, die diesen Moment beschreiben könnten.
Jetzt, mit Abstand betrachtet, muss ich sagen, ich hatte damals überhaupt keinen Plan, welch großem Risiko ich mich da freiwillig hingegeben habe. Vor allem dachte ich, dass es eine einmalige Sache sein würde. Ich erfuhr erst dort vor Ort, dass die Möglichkeit bestand, dass die Operation ggf. ein zweites Mal wiederholt werden müsse, da es sehr riskant sei, an der Stelle im Hirn zu operieren. Als ich nach der OP erfuhr, dass nicht mal die Hälfte der Gefäße verschlossen wurden und ich wiederkommen müsse, zog es mich ganz schön runter. Die Gedanken kreisten nur – noch einmal diese Höllenangst durchleben. Das war alles andere als ein Geschenk. Klar wusste ich schon, dass meine Gedanken meine Realität erschaffen, aber bleib da mal ruhig, wenn es um dein Leben geht. Was ich heute noch unmöglich finde, ist die Tatsache, dass, wenn du deine OP Zustimmung unterschreibst, das schön am Ende (natürlich FETT gedruckt, was alles passieren kann) der nette Satz steht: RISIKEN = BIS ZUM TOD!!! Da legt man sich natürlich locker und entspannt auf den Tisch. Aber ich lebe ja noch und berichte bald, wie es dann weiterging.
Die Essenz aus diesem Abschnitt war für mich, zu erfahren, wie wichtig doch mitfühlende und hilfsbereite Menschen sind!!! Teil einer Familie zu sein, von der man eigentlich denkt, sie wären die wichtigsten und nahestehenden Personen überhaupt – dies haben mich nur meine Mutter und mein Sohn wirklich spüren lassen.